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wussten sie schon...

… wo sich der Freiheitsbaum der Gemeinde Hesperingen befindet?

Seit geraumer Zeit häufen sich die Fragen zu einem Lindenbaum, der sich eingangs der Rue de Kockelscheuer in Fentingen befindet. Dieser Baum steht auf einer kleinen Anhöhe zwischen besagter Straße und der östlichen Seite der Rue de la Montagne (im Volksmund „Déitgesgaass“ nach einem „teinturier“, einem Färber, der einst dort wohnte).

 

1939 wurde der 100. Geburtstag der Unabhängigkeit des Landes Luxemburg und gleichzeitig auch der 50. Jahrestag der Dynastie gefeiert. In verschiedenen Gemeinden gab es zu diesem Anlass einen Umzug, so auch in der Gemeinde Hesperingen. Präsident des Organisationsvorstands war damals Albert Schiltz und Mitglieder waren René Adam (Sekretär) sowie Nic. Boes (Festredner), Paul Beck und Jean Louis. Die Feier selbst währte mehrere Tage und ging vom 29.05. bis zum 04.06.1939.

 

In der zweiten Dezemberhälfte des Jahres 1939 (also mehr als 6 Monate nach der eigentlichen Unabhängigkeitsfeier) wurde dann auch ein „Freiheitsbaum“ gepflanzt, und zwar am 17.12.1939 auf besagter „Knupp“ im Fentingereck. Als Begründung dafür, dass der „Freiheitsbaum“ etwas abseits der Ortschaft Hesperingen zu stehen kam, mag wohl gelten, dass sowohl der Präsident des Organisationsvorstands Albert Schiltz als auch der Festredner Nic Boes dort in der Nähe wohnten (Meinung von Zeitzeugen).

 

Zu dieser Veranstaltung hatte der neugegründete Interessenverein („Syndicat d’Initiative“) der Gemeinde Hesperingen eingeladen, der 1939 aus dem früheren Verschönerungsverein (einer Abteilung des „Coin de Terre et le Foyer“) entstanden war. Laut Zeitzeugen wurde der Baum damals von dem Gärtner Nicolas Joachim und François Thoma („de Meeschter“) gepflanzt. Ersterer hatte den jungen Lindenbaum mit dem Fahrrad aus Fentingen herbeigebracht. Auf dem Boden waren mit weißen Steinen die Jahreszahlen 1839 – 1939 gebildet worden. Théo Jeitz aus Hesperingen war bei der Pflanzung durch die Herren Joachim und Thoma zugegen. An die eigentliche Feier kann sich jedoch kein Zeitzeuge mehr erinnern. Es erscheint seltsam, dass ein so geschichtsträchtiges Ereignis derart in Vergessenheit geraten konnte …

 

Eine sehr knappe Notiz im „Luxemburger Wort“ vom 15.12.1939 kündigte jedoch unter der Rubrik „Vereins-Nachrichten“ die Pflanzung besagten Freiheitsbaums an und liefert gleichzeitig die Erklärung für das von den Gemeindebewohnern fast unbemerkte Ereignis: „In Anbetracht der ernsten Zeiten sieht der Verein von einer größeren Veranstaltung ab“. Lediglich die kirchlichen und die kommunalen Vertreter sowie die Dorfgesellschaften sollten eingeladen werden und ein Festzug sollte um 14.00 Uhr von der Hesperinger Pfarrkirche Richung „Fentingereck“ losgehen. Leider konnten die wenigen Zeitzeugen, die damals schon den Ortsvereinen angehörten, sich nicht an eine solche Feier erinnern. Auch der spätere Bürgermeister Paul Jomé vermerkte das Ereignis nicht in seinen Tagebüchern, die ansonsten über fast alle wichtigen Begebenheiten in der Gemeinde Auskunft geben. Hatte der kleine Umzug vielleicht gar nicht stattgefunden?

 

Die Vereinsbücher der verschiedenen Gesellschaften, die eingesehen wurden, schweigen sich über das Ereignis aus. Die einzige Erwähnung des Baumes fand sich in einem Deliberationsregister des Männergesangvereins „Eintracht im Thale“ Hesperingen. Vielleicht hatte das mit Albert Schiltz selbst zu tun, der nicht nur dem Organisationskomitee vorstand, sondern auch noch Präsident der „Eintracht“ war. In besagtem Deliberationsregister wird in der Sitzung vom 13.12.1939 eine Einladung des Interessenvereins zu diesem Ereignis erwähnt. Ohne diese Notiz hätte das genaue Datum der Pflanzung niemals in Erfahrung gebracht werden können. Mehr als 80 Jahre haben den Lindenbaum indes zu einem mächtigen Zeugen des luxemburgischen Freiheitswillens heranreifen lassen, der 1940 durch die deutschen Besatzungstruppen so brutal unterdrückt wurde.

 

Ende August 2022 waren die „Geschichtsfrënn“ bei Député-maire Marc Lies mit der Bitte vorstellig geworden, die Gemeinde möge doch eine erklärende Gedenktafel bei dem Baum errichten. Dies wurde von den Gemeindeverantwortlichen positiv aufgenommen und am 13.04.2023 wurde dort ein Granitstein mit einer Bronzeplakette (40 x 20 cm) aufgestellt.

Roland Schumacher

Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper