Wussten Sie schon,... (aus: Buet 12 / 2016 / N°28)
… dass vor einigen Jahrzehnten in der Alzette in Hesperingen noch Krebse gefischt wurden?
Tatsächlich ist dies schon fast 100 Jahre her und hat auch nicht lange angedauert, aber mit dem Fischereiwesen ist die Gemeinde schon lange verbunden. Der frühere Gouverneur Gaspard Théodore Ignace de la Fontaine (der Vater von „Dicks“) hat bereits 1857 versucht, den ursprünglichen Namen „Hasmaringa“ (867/868 n. Chr.) von „has = Heim“ und „maringand = Fischer“ als „Fischerdorf“ zu deuten. Ob die ersten Ansiedler aber aufgrund der natürlichen Gegebenheiten das Fischereihandwerk ausübten, ist eine eher anheimelnd romantisierende Vorstellung. Die schriftlichen Quellen seit dem frühen 17. Jahrhundert bezeugen Fischfang in den Weihern der ehemaligen Herrschaft Hesperingen und der Meierei Fentingen, die damals zur Herrschaft Mersch gehört hat. Erwähnt werden ab 1700 der große und der kleine Weiher von Hesperingen, der „Achten Weyer“ (1741 noch „drey weyer“, die sogenannten „herrenweyher“), aber es wird auch berichtet, dass sich in dem „Hesperbach“ Fische befunden haben. 1768 noch bringt die „pêche sur la rivière d’Alzet“ 10 Ecus und 14 Sols ein. Um 1774 wird die Herrschaft Hesperingen taxiert und es wird davon gesprochen, dass sich in dem großen Fischweiher 3.000 Karpfen („Sezlinge“) befunden haben, so viele wie in den beiden anderen zusammen. Auch die vielen Dämme, welche die besten Wiesen des Itziger Banns durchziehen, stammen von früheren Weiheranlagen her. Um 1890 notiert der Hesperinger Lokalhistoriker Jos. Speyer, dass die Alzette sehr fischreich und besonders von Hechten, Rotaugen und Döbeln bevölkert sei, und Pierre Anen schreibt von diversen Gerätschaften wie Hebenetz, Schleppnetz, Gabelnetz, Kugelnetz und Fischreusen, mit denen die Hesperinger versucht haben, ihre spärlichen Gerichte aufzubessern. Für Hesperingen wurden die meisten Weiher an der „Albach“ ab Mühle Richtung Itzig angelegt, aber auch der Drosbach mit den Bachforellen ist zu erwähnen. Karpfen waren die wichtigsten Teichfische, aber Barsche, Forellen und Schleien wurden auch häufig ausgesetzt. Als Dorfburschen, die sich am Alzinger Alzettewehr im Schwimmen übten, ihnen unbekannte Krebstiere entdeckten, brachten sie diese „a Kléns“ (Restaurant in Hesperingen, heute „Jardin Gourmand“). Frau Klein-Haas verkaufte die Flusskrebse zunächst an das Restaurant Bouvard in der Hauptstadt, ehe sie von treuen Kunden überredet wurde, sich selbst mit der Zubereitung abzugeben. Das war um 1923. Die Krebse wurden in Weißwein und Kräuterzutaten gekocht und mit einer „gehèrzten“ Schnitte Schwarzbrot mit Butter aufgetischt. Diese Delikatesse kostete im Dutzend 36 Franken, ein Tagesmenü vergleichsweise nur deren 15. Die Kundschaft setzte sich aus Notabilitäten und Geschäftsleuten aus der Stadt und Umgebung zusammen. Die Fangeisen für den Krebsfang wurden von Eugène Printz geschmiedet und Hélène Klein, die Tochter der Restaurantbesitzerin, knüpfte mit feiner Schnur das dazugehörige Netz. Der wirksamste Köder war ein saftiges Stück Leber. Ausgesetzte amerikanische Signalkrebse verursachten schließlich eine Pest unter den Krebsen Mitteleuropas und 1925-26 verschmutzte das Wasser der Alzette dann derart, dass es den einheimischen Flusskrebsen den Lebensatem ausblies. Ein Feinkostgeschäft in der Hauptstadt musste für Nachschub sorgen und zuletzt (in den 1930er Jahren) wurden die Krebse per Flugzeug aus der Oder in Ostdeutschland herübergebracht. Nach dem Krieg waren dann sämtliche Weiher trockengelegt und Fabrik- und Latrinenwasser hatten die Alzette derart verschmutzt, dass kaum noch Gründlinge darin atmen und vegetieren konnten. Einzig und allein im „Stéckelter Mouer“ in Itzig wurde auch dank des emsigen Treibens des 1951 gegründeten und nach einigen Jahren der Ruhe im Jahre 1970 neu gegründeten Sportfischervereins Hesperingen noch gefischt. In den Jahren danach konnten die „Sportfëscher“ Hesperingen durch mannigfaltige Tätigkeiten („Botzaktioun“, Pfingstmarathon, „Fëscher-Concours“, „Friturefest“ usw.) auf sich aufmerksam machen, wenn auch das Angeln selbst immer mehr in andere Gewässer verlagert wurde. Seit dem Bau der (ersten) Kläranlage (1975) ist der Fluss wieder sauberer und heute tummeln sich große (ausgesetzte) Karpfen und andere Fischarten in der Hesperinger Alzette.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 09 / 2016 / N°27)
… dass die Kirche Howald vor genau 50 Jahren errichtet wurde?
Tatsächlich ist das religiöse Leben in Howald entstanden, lange bevor es überhaupt eine Ortschaft als solche gegeben hat. Bekannt sind eine Kapelle (als Loreto-Kapelle der heiligen Jungfrau Maria geweiht) und eine Einsiedelei, die mindestens seit dem 17. Jahrhundert dort existierten, ehe sie dann im Jahre 1759 abgerissen wurden. Um das Jahr 1800 wurden einige wenige Häuser errichtet, ehe Anfang 1900 mit der rue Eugène-Welter und der Avenue Berchem die heute größte Agglomeration der Gemeinde Hesperingen entstand. 1937 errichteten die Herz-Jesu-Patres dann das Kloster Howald (Standort des heutigen CIPA), das am 24.10.1939 von dem damaligen Bischof Philippe eingeweiht wurde. In der dortigen Klosterkapelle wurden die Gottesdienste für die Howalder Bevölkerung abgehalten, deren Begräbnisstätte zumeist der Friedhof in Bonneweg war. Mitte der 1950er Jahre wurde der Ruf nach einer eigenen Pfarrei und einer eigenen Kirche der mehr als 1.000 Einwohner Howalds (immerhin ein Drittel der ganzen Gemeinde) immer lauter. Am 28.08.1962 gab Bischof Léon Lommel sein Einverständnis für die neue Pfarrei, eine Bischofspfarrei, denn die Regierungsverwaltung sah keine zusätzlichen Pfarreien vor. Die mehr als 1.200 Einwohner Howalds benötigten jedoch auch eine eigene Kirche, da die Klosterkapelle den Bedürfnissen nicht mehr genügte. Nach den Plänen für einen Friedhof im Jahre 1961 wurde dann am 07.05.1964 (Christi Himmelfahrt) durch den Domprobst Mgr. Mille der Grundstein für die neue Kirche gelegt. Die Straußfeier war am 22.10.1964 und 1966 konnte der Bau bereits abgeschlossen werden. Die moderne architektonische Konzeption von Roger Bauer und Michel Mousel fand damals in den Medien viel Beachtung. Im Mittelpunkt steht der Hauptaltar, auf den die Außenmauern zugeschnitten sind. Der Halbkreis des Chors und die Disposition der Bänke lassen die Farbenpracht der bunten Mosaikfenster besonders zur Geltung kommen und die Vielfalt der verwendeten Materialien wie Holz, Stahl, Marmor, Beton und Hausteine spiegelt die Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der Besucher wider, die im Gottesraum zu einer Einheit zusammenwachsen. Einfachheit und schlichte Eleganz werden durch die wenigen, aber wesentlichen Elemente wie Altar, Kreuz, Marienstatue, Ambo und Kreuzgang unterstrichen, während andererseits die verschiedenen Dekorelemente der Binnenwände beeindrucken, wo sich große Mosaikfenster und geschlossene Mauern mit durchlässigen Wänden und kleinen Mosaikfenstern abwechseln. Das geschwungene Dach hebt sich Richtung Turm, der freistehend wie ein Finger zum Himmel zeigt. Fünf Pfarrer haben Pfarrei und Kirche Howald bisher gesehen (die drei ersten waren Herz-Jesu-Pater): René Linster scj. (1962 - 1970); Nicolas Turmes scj. (1970 - 1981); Edouard Ahnen scj. (1981 – 1988); Fernand Huberty (1988 – 1999) und ab dem 26.07.1999 ein Pastoralteam mit Pfarrer Pit Faber, Diakon Léon Weber und Pastoralreferentin Christine Bußhardt. 1987 wurde das 25. Jubiläum des Kirchenbaus mit einer Ausstellung (Initiatorin: Mme Rose Goergen) gewürdigt und 2006 der 40. Geburtstag mit einer Ausstellung und einem Vortrag der Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper. Mittlerweile werden alle großen Feiern (Te Deum zu Nationalfeiertag, Kommunion und Firmung) in der gut 600 Besucher fassenden größten Kirche der Gemeinde Hesperingen abgehalten. Der 50. Jahrestag wurde dieses Jahr am Wochenende vom 7. bis 8. Mai mit einem Festgottesdienst durch Erzbischof Jean-Claude Hollerich, einer Fotoausstellung und weiteren Veranstaltungen gebührend gewürdigt.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 06 / 2016 / N°26)
… dass der Fussballverein F.C. SWIFT Hesperingen vor hundert Jahren gegründet wurde?
Tatsächlich haben sich am 02.07.1916 einige sportbegeisterte junge Burschen zusammengefunden und den „Football-Club Swift Hespérange“ aus der Taufe gehoben. Erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden erste Sportvereine in Luxemburg gegründet und eine erste Luxemburger Fußballmeisterschaft (mit insgesamt 9 Mannschaften) wurde gar erst im Jahre 1908 ausgetragen. Trotz der Kriegswirren in den Jahren 1914-1918 ruhte der Fußballsport nur kurze Zeit, denn „déi englesch Kränkt“ hatte mittlerweile das ganze Land erfasst. So hatten auch die ersten Vereinsnamen englische Wurzeln wie etwa „Sporting“, „Racing“ oder Young Boys. Der Hesperinger Verein gab sich den Namen Swift, was so viel wie „schnell“, „flink“ oder „rasant“ bedeutet. Die Vereinsfarben waren zuerst rot/schwarz (vertikal gestreift) für die erste Mannschaft und gelb/schwarz für die zweite. Für Schuhe und Uniform mussten die Spieler selbst aufkommen und mit den ersten Geldern der Vereinskasse wurde eine neue Gummiblase zur Fertigung eines Balls gekauft, dessen Außenhülle der Gastwirt und Metzger (Nicolas) Edmond Mertes (1864-1911), der einige Jahre in den USA gelebt hatte, 1897 aus den Staaten mitgebracht hatte. Der Verein wurde dann auch in der Gaststätte der Witwe Susanne Mertes-Morheng gegründet. Erster Präsident war Jos. Scherer, der wenige Monate später verzog und dem Malermeister Paul Mersch Platz machte. Als Vereinslokal diente in den Anfangsjahren die Gaststätte Edouard Kayser-Lauterbour. Das erste Spiel wurde am 19.08.1916 in Itzig gegen die dortige 1. Mannschaft des F. C. Excelsior ausgetragen und mit 6:1 gewonnen. Itzig hatte bereits seit etwa 1905 einen Fußballverein, der mehrere Anläufe benötigte, ehe dann 1941 der heutige Verein „F.C. Blo-Wäiss Izeg“ gegründet wurde. Von 11 Spielen im Jahre 1916 verlor der Hesperinger „F.C. Swift“ nur eines. Erst 1918/19 beteiligte der Hesperinger Verein sich an den nationalen Meisterschaften (3. Division) und belegte gleich den 3. Platz. Dann dauerte es aber bis 1920/21, ehe eine regelmäßige Beteiligung stattfand. Die erste Fahnenweihe erfolgte dann am 03.07.1927. Bei Ausbruch des Krieges musste sich der Verein umbenennen und hieß bis zum Ende der Besatzungszeit „Rot-Weiss Hesperingen“. Nach dem Krieg wurden das Gefüge des nationalen Fußballs neu strukturiert (Nationaldividion, Ehrenpromotion, 1. Division usw.). Den absoluten Tiefpunkt hatte der F.C. Swift in den drei Jahren von 1964-1967, wo man in der 3. Division spielen musste. In den 1970er und 1980er Jahren aber ging es dann stetig bergauf. Ab 1985/86 spielte der Hesperinger Verein dann gar in der Nationaldivision und am 13.06.1990 konnte der F.C. Swift das Wiederholungsspiel der Coupe de Luxembourg nach einem fulminanten Auftritt gegen A.S. Differdingen auf Verlorenkost mit 7:1 gewinnen und sich den Pokal sichern. Gerade im Jugendbereich und auch bei den Supportervereinen konnte alsbald ein enormer Aufschwung vermerkt werden und zahlreiche „Coupes“ vermeldeten eine große Anhängerschar. In den Folgejahren wechselte der Verein öfters zwischen Nationaldivision und Ehrenpromotion (1995/96 rutschte man gar in die 1. Division ab) und seit der Saison 2014/15 spielt man wieder in der Ehrenpromotion. Im Jubiläumsjahr schwächelte der Verein in entscheidenden Spielen und musste bis wenige Spiele vor Saisonende gar um den Klassenerhalt fürchten. Die Kehrtwende konnte jedoch herbeigeführt werden (von den letzten 7 Spielen wurden deren 5 gewonnen) und es bleibt zu hoffen, dass der F.C. Swift Hesperingen in den kommenden Jahren wieder an die Spitze des inländischen Fußballsports gelangen kann.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 03 / 2016 / N°25)
… dass Howald einmal eine Kupfergießerei besessen hat?
In der Rue Eugène-Welter Nummer 28 existierte Mitte des 20. Jahrhunderts eine Kupfergießerei, die von Emile Blondelot-Modo betrieben wurde. Die Familie Blondelot stammt ursprünglich aus Frankreich und eine Eigenart der Familie scheint es zu sein, dass die erstgeborenen Söhne den Vornamen Emile erhalten. Der Großvater von Emile Blondelot-Modo hieß Emile François Blondelot, war von Beruf Schreiner und wurde am 24.05.1828 in Provins (Département Seine et Marne, Frankreich) geboren, wo der Name Blondelot schon im 17. Jahrhundert zu finden ist. Er ließ sich in Luxemburg nieder und heiratete am 06.07.1857 in Steinsel Barbara Theisen aus Heisdorf. Das Paar lebte abwechselnd in Helmsange, Bereldange und Walferdange, um sich schließlich in Pfaffenthal niederzulassen. 11 Kinder gingen aus dieser Ehe hervor. Der erstgeborene Sohn hieß Emil Peter Blondelot. Er wurde am 29.04.1858 in Helmsange geboren und heiratete am 18.02.1882 in Luxemburg-Stadt Elisabetha Jeitz aus Niederanven. Das Paar blieb sein Leben lang in Pfaffenthal wohnen und bekam dort 7 Kinder. Von Beruf war Emil Peter Blondelot Sandgießer respektive Kupfergießer. Auch zwei seiner Söhne ergriffen diesen Beruf. Der älteste von ihnen hieß ebenfalls Emil und wurde am 13.06.1884 geboren. Nach seiner Lehrzeit in der Kupfergießerei seines Vaters heiratete er am 19.08.1907 in Luxemburg die 19-jährige Margaretha Modo aus Clausen, Tochter eines Schlossers. Am 25.11.1908 richtete er auf dem Grundstück seiner Schwiegereltern eine Kupfergießerei ein. 1914 wurde die Erlaubnis verlängert, aber kurz nach Beantragung eines Gasmotors im Jahre 1916 zog er mit seiner Familie nach Bonneweg, wo er das Haus von J. Schamburg (Itzigerstraße 48) gekauft hatte und im Garten eine Kupfergießerei errichtete. 1933 zog es ihn dann nach Howald, wo er das villenartige Haus des Eisenbahners Folschette erworben hatte und dort (nach anfänglichen Schwierigkeiten mit den Anrainern) ein Atelier einrichtete, in dem er hauptsächlich Maschinenteile für Fabriken herstellte. Während des Krieges wurde die Ortschaft Howald durch 3 Bombenangriffe der Alliierten in Mitleidenschaft gezogen, welche vorab den Rangierbahnhof „Zwickau“ im Visier hatten. Am 9. Mai 1944 morgens gegen 9.30 Uhr traf eine der Bomben das Haus Blondelot, wobei Margaretha Blondelot-Modo ums Leben kam, während ihr Ehemann im stark beschädigten Atelier hinter dem Haus mit dem Schrecken davonkam. Er wohnte dann eine Zeitlang bei Verwandten, ehe Haus und Atelier wieder neu aufgebaut respektive grundlegend restauriert wurden. Zum Gedenken an die Opfer der Bombenangriffe goss Emile Blondelot eine kleine Glocke, die am 07.08.1949 zum ersten Mal anlässlich einer doppelten Fahnenweihe der Pfadfinder aus Howald gezeigt und dann über dem Eingangsportal des damaligen Herz-Jesu-Klosters angebracht wurde. Nach dessen Abriss im Jahre 1998 gelangte sie auf ein Ehrenpodest in dem Rathaus der Gemeinde Hesperingen, wo sie bis 2002 verblieb. Ab dann ziert sie den Eingang des neu errichteten Centre pour Personnes Agées „Beim Klouschter“ Howald. Noch zwei weitere Glocken wurden in der Werkstatt Emile Blondelots in Howald gegossen (eine davon ging an die Pfadfinder nach Neuhäusgen), wobei ihm gerade die künstlerischen Arbeiten, welche er neben seiner reinen Werktätigkeit herstellte, ein besonderes Anliegen waren. 1953 wurde das Haus in der Rue Eugène-Welter dann verkauft. Emile Blondelot wohnte eine Zeitlang bei der Familie seines Sohnes Mathias (Limpertsberg), ehe er dann altersbedingt Quartier in der Kuranstalt „Weilerbach“ bezog, wo er am 19.05.1968 im Alter von 83 Jahren verstarb.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 12 / 2015 / N°24)
… dass bereits mehrere Abgeordnete aus unserer Gemeinde hervorgegangen sind (gegenwärtig gehören der Bürgermeister Marc Lies und die Schöffin Diane Adehm, beide CSV, der Abgeordnetenkammer an), aber erst ein Minister? Dabei handelt es sich um den aus Alzingen stammenden Albert Bousser.
Geboren wurde Albert Michel Bousser am 08.02.1906 in Alzingen als einziger Sohn (bei insgesamt 5 Kindern) des aus Koerich gebürtigen Schlossers Johann Bousser und dessen Ehefrau Marie genannt Josephine Birtz aus Lintgen. 1912 ersteigerte das Ehepaar die Dorfschmiede nebst Wirtsstube unmittelbar neben der Kirche und der alten Schule in Alzingen. Technische Studien des jungen Albert Bousser an der „École des Arts et Métiers“, den „Cours Techniques Supérieurs de l’État“ und weiterführende Lehrjahre in Paris als technischer Zeichner schufen die besten Voraussetzungen für die berufliche Laufbahn bei Paul Würth (1927-1930) und anschließend bei der Eisenbahn. Am 26.03.1932 heiratete Albert Bousser in Hesperingen (Marie) Henriette Kayser aus Itzig, die schon wenige Wochen später einem schrecklichen Verkehrsunfall in Alzingen zum Opfer fiel. Der Witwer heiratete in zweiter Ehe am 07.02.1934 in der Gemeinde Betzdorf Lucie Elisabethe Terens aus Roodt/Syr. Aus dieser Ehe ging Ende 1934 eine Tochter namens Laurence hervor. Nach dem Krieg wurde Albert Bousser zum Inspektor bei der Eisenbahn ernannt (11.12.1946). Während des Streiks vom 11. und 12.10.1949 entließ man ihn als „agent dirigeant“, stellte ihn gleich darauf aber wieder ein. Nach weiteren Beförderungen gehörte er ab dem 01.01.1964 der CFL-Direktion an. Albert Bousser wurde schon am 09.02.1946 Mitglied der sozialistischen Fraktion des Parlaments, dem er ununterbrochen bis 1964 angehörte. Neben seinen politischen Aktivitäten war er auch sehr stark im Landesverband der Luxemburger Eisenbahner und Transportarbeiter tätig. Vom 25.04.1962 bis zum 24.04.1966 gehörte er dem Comité Economique et Social in Brüssel an, ab dem 07.07.1950 war er Stadtrat in Luxemburg und von 1952 bis 1954 Präsident der LSAP. Nach seinem Umzug nach Howald wurde er in der Gemeinde Hesperingen politisch aktiv. Bei den ersten Wahlen nach dem Proporzsystem in der Gemeinde Hesperingen (Oktober 1963) wurde der Sozialist ab dem 01.01.1964 Bürgermeister (LSAP-CSV-Koalition) seiner Heimatgemeinde. Dieses Amt legte er jedoch schon Mitte desselben Jahres nieder, denn durch großherzoglichen Beschluss vom 18.07.1964 wurde er als Nachfolger von Robert Schaffner zum Minister der öffentlichen Arbeiten und des Transportwesens, der Post und des Fernmeldewesens ernannt (CSV-LSAP-Regierung). Nach einer Reihe von größeren Problemen demissionierte die Regierung. Die Koalition blieb jedoch bestehen und Albert Bousser wurde in seinem Ministeramt bestätigt (05.01.1967). Nach dem endgültigen Scheitern der Regierungskoalition trat Albert Bousser am 01.02.1969 als Minister zurück und ging 4 Monate später dann in Pension. Die Wiederwahl in den Hesperinger Gemeinderat erfolgte am 12.10.1969 mit der höchsten Stimmenzahl aller Kandidaten, aber er verblieb in der Opposition. Bei der Spaltung der sozialistischen Partei wurde Albert Bousser Vertreter der SdP (Gründung am 14.03.1971), für die er zwischen 1974 und 1979 im Parlament tätig war. 1975 wieder in den Gemeinderat gewählt und ab Februar 1976 sogar Schöffe legte er seine Ämter wie vereinbart im März 1978 nieder, verblieb jedoch Abgeordneter. Letzteres war er immerhin in den Jahren: 1946-51; 1951-54; 1954-58; 1959-64; 1974-79. Bis ins hohe Alter war der streitbare Aktivist politisch tätig. Nebst seiner schriftstellerischen Tätigkeit („Revuen“, Operetten, Gedichte sowie eine Autobiografie) war Albert Bousser stets der Vereinstätigkeit gewogen. So gehörte er lange den Vorständen des Alzinger Männergesangvereins und des „F.C. Guidon Alzingen“ an und stand auch dem Tischtennisverein Howald zeitweilig vor. Zudem war er Gründer der Chorale FNCTTFEL, die noch heute seinen Namen trägt. Seine Ehefrau Lucie Terens verschied am 07.03.1991 in Luxemburg, er selbst im CIPA „Saint Joseph de la Croix“ in der Hauptstadt am 02.05.1995 im Alter von 89 Jahren. Die 1998 eröffnete unterirdische Verbindung zwischen der Pénétrante Sud und der Rocade de Bonnevoie trägt heute den Namen „Tunnel Albert Bousser“.
Roland Schumacher |