Wussten Sie schon,... (aus: Buet 09 / 2015 / N°23)
… dass sich in der Kirche in Fentingen ein uralter Sarkophag befindet?
Anlässlich der Installation einer neuen Pfeifenorgel und der Neugestaltung des Kircheninneren wurde am 13.01.2005 von den Arbeitern eine Entdeckung gemacht, die sofort die Benachrichtigung des Nationalen Museums erforderte. Mitten im Kirchenschiff war ein Sarkophag mit einer steinernen Abdeckplatte entdeckt worden. Interessant ist die Tatsache, dass die Räumlichkeit schon während der Römerzeit bebaut gewesen sein muss. Mittels der C14-Analyse von organischem Material einer Mauer in der Nähe der Eingangstür konnten die Archäologin Christiane Bis und ihre Kollegen vom Museum deren Alter auf das Jahr 161 nach Christus bestimmen (+- 30 Jahre). Öfters wurden heidnische Weihestätten und Kultgebäude von den ersten Christen benutzt, um an derselben Stelle eine Kirche zu errichten. Römische Münzfunde und andere Mauern in der Nähe des Josefsaltars haben auf das 3. und 4. Jahrhundert nach Christus datiert werden können. Während der Frankenzeit hat sich dann dort ein offener Friedhof befunden und um das Jahr 910 (so die Ermittlung der Materialien der noch vorhandenen Grundmauern durch besagte C-14-Methode) wurde die erste Kirche in Fentingen errichtet. Heute wissen wir, dass von der alten Kirche über dem Boden nichts mehr erhalten ist. Der Turm ist 1892 errichtet worden und der Neubau des Chores datiert aus den Jahren 1922-1923. Die alten Mauern der früheren ersten Kirche aber wurden erst 1933-1934 niedergerissen, um ein neues vergrößertes Kirchenschiff zu gestalten. Die zentrale Lage des Sarkophags ermöglicht aber die Hypothese, dass es sich hier um ein Stiftergrab handeln könnte. Leider ist der sich zum Fußende verjüngende Sarg weder verziert noch beschriftet und auch innerhalb des Sarkophags hat es keine Beilagen gegeben, die eine Zuordnung oder Datierung ermöglicht hätten. Die steinerne Abdeckplatte ist übergroß und stammt definitiv von einem anderen Sarkophag. In dem Steinsarg haben zwei Skelette gelegen. Es scheint, als ob er für einen jungen Mann errichtet worden sei, dessen Gebeine bei der Bestattung einer erwachsenen Frau in demselben Sarkophag zu deren Füßen (Richtung des Altars gegen Osten) säuberlich zusammengeschichtet worden sind, um Platz für die Zweitbestattung zu machen. Der schlechte Zustand der Knochen hat leider keine Datierung ermöglicht. Der Grabstein selbst weist mehrere Risse und Bruchstellen auf, die mögliche Einwirkungen durch Renovierungsarbeiten bekunden. Vielleicht handelt es sich bei den beiden Toten um Mitglieder ein und derselben Familie. Früher wurden öfters Menschen in den Kirchen begraben und auch in der Kirche in Fentingen haben noch weitere 37 Skelette und Knochen von 18 anderen Personen gefunden werden können. Einige wenige Bestattungen angesehener Persönlichkeiten im Kircheninneren sind sogar in den alten Kirchenbüchern vermerkt worden. Die Textiluntersuchungen einer Spezialistin aus Deutschland haben ergeben, dass die beiden Toten in Gewänder aus Leder von Haarschafen respektive einem Oberteil aus Seide und einem unteren aus Leinen gekleidet gewesen sind. Eine belgische Doktorandin hat im Dezember 2008 die Herkunft der Steine des Sarkophags mit der französischen Ortschaft Metz in Verbindung bringen können. Während der Renovierungsarbeiten in der Pfarrkirche haben die damalige Bürgermeisterin Marie-Thérèse Gantenbein, Pfarrer Pit Faber und die Archäologin Christiane Bis dafür gesorgt, dass der Sarkophag an Ort und Stelle bleibt und mit einer mittlerweile belüfteten Glasplatte und einem Beleuchtungssystem versehen worden ist. Obwohl die gläserne Platte extrem dick und einbruchssicher ist, vermeiden auch heute noch manche Kirchengänger darüber zu gehen, sei es aus Vorsicht oder aus Anstand. Wir aber wissen mittlerweile, dass sich im Boden fast aller älterer Kirchen Gräber befinden, über die wir oft bewusst oder unbewusst hinwegschreiten…
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 06 / 2015 / N°22)
… dass der Besitzer der früheren „Garage Engel“ aus Hesperingen ein renommierter Radrennfahrer gewesen ist?
Der Vater Nicolas Engel (Eisenbahnarbeiter) aus Dommeldingen heiratete am 20.01.1900 in Hesperingen die ebenda geborene Magdalena Brix. Die Familie Engel-Brix wohnte anfangs in Hesperingen, zog dann um 1905 nach Bonneweg und 1920 kaufte Nic. Engel ein Haus in der Nähe des Drosbachs in Hesperingen. Dort richtete er eine kleine Fahrradwerkstatt ein und führte die erste Benzinpumpe in der Ortschaft Hesperingen. Dem Ehepaar Engel-Brix wurden vier Kinder geboren: Maria Magdalena (1900), Nicolas (1902), Peter (1904) und Franz (1907) und ein Pflegekind namens Kurt Lohmer wohnte spätestens seit 1916 ebenfalls in dem Haushalt. Auch der ältere Bruder Nic. Engel war ein berühmter Straßen- und Bahnfahrer gewesen, verstarb aber bereits 1946 nach einem zweijährigen Aufenthalt im KZ Hinzert. Peter, genannt „Jempy“, Engel kam 1921 im Alter von 17 Jahren zum Vélo Club Rollingergrund. Hier landete er seinen ersten Sieg gleich im ersten Rennen. Noch im selben Jahr wurde er luxemburgischer Juniorenmeister der Flieger und über 1 Kilometer. Bei Gelegenheit der (provisorischen) Einweihung des Velodroms in Belair am 28.08.1921 tauchte der Name des 1,68 m großen Hesperinger Fahrers in den Medien auf, denn das allererste Rennen (für Amateure) im Velodrom überhaupt, welches über 15 Runden ging, wurde von Jempy Engel gewonnen. Neben anderen Rennen im Velodrom (teilweise zusammen mit seinem Bruder Nic. Engel) mit hervorragenden Platzierungen konnte sich Jempy Engel auch bei anderen Rennen wie etwa dem „Grand Prix de la Foire“ (org. vom „Veloce Club Limpertsberg“) im Jahre 1923 behaupten. Im selben Jahr bestritten die beiden Brüder übrigens auch ein von dem „Vélo Club Hespérange“ im Velodrom ausgetragenes Rennen. Von sämtlichen Radsportvereinen unserer Gemeinde konnte sich nur der „Guidon Alzingen“ bis heute behaupten. Das erste Internationale Straßenrennen (für Débutants und Indépendants), welches der hauptstädtische Cyclo-Club am 25.07.1925 organisierte, wurde dann zum großen Erfolg des jungen Fahrers aus Hesperingen und bei der dritten Weltmeisterschaft im Jahre 1926 kam Luxemburg auf dem dritten Platz hinter Frankreich und der Schweiz, wobei Jempy Engel den hervorragenden zweiten Platz in der Einzelwertung belegte. Auch mit dem zweimaligen Tour de France-Sieger Nik. Frantz lieferte sich Jempy Engel manch unerbittliches Duell, das er verschiedene Male sogar zu seinen Gunsten entscheiden konnte, aber einige Mannschaftsrennen bestritten sie auch zusammen. Im Jahre 1932 heiratete Jempy Engel dann Maria Margaretha Lahyr aus der Hauptstadt. In jenem Jahr gewann er noch einmal die Cyclo-Cross-Landesmeisterschaft, um dann das Rad „an den Nagel zu hängen“ und sich seiner beruflichen Karriere und dem Familienleben zu widmen. 1937 eröffnete er die „Grand Garage J. P. Engel“ in Hesperingen, die 2008 mit der 1934 gegründeten Garage Paul Lentz fusionierte, welche heute noch in Alzingen zu finden ist. Den Traum einer Autopiste in dem Berg hinter seiner Werkstatt konnte er indes trotz intensiver Bemühungen nie verwirklichen. Auch Jempy Engel erlitt wie sein Bruder Nic. Engel einen frühen Tod. Er verstarb am 30.12.1960 in der neuro-psychiatrischen Klinik in Ettelbrück. Die Medien widmeten dem verdienten Sportler aus Hesperingen einen ehrenvollen Nachruf.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 03 / 2015 / N°21)
… dass der bestbekannte Hesperinger Lokalhistoriker Pierre Anen gar nicht aus unserer Gemeinde herstammt?
Geboren wurde Peter Anen am 06.09.1874 (die Heiratsurkunde vermerkt fälschlicherweise den Monat November) in Steinsel als Sohn des Tagelöhners und späteren Wegewärters Pierre Anen und dessen Ehefrau Clara Kohner. Er hatte noch vier Geschwister: Marie (1872 geb.), Suzanne (1877 geb.), Johann (1880 geb.) und Emile (1884 geb.). Alle Kinder kamen in Steinsel zur Welt, die beiden letzten im sogenannten „Wollhaus“. Der junge Pierre Anen entschied sich früh für den Lehrberuf und erhielt 1893 ein Brevet des 4. Ranges der Normalschule (Note „genügend“). Zwei Jahre später bestand er dann das Examen zum Lehrbefähigungsbrevet (3. Rang). Bedingt durch den Abgang des früheren Fentinger Lehrers Franz Raus (1888-1895) nach Vianden übernahm Anen die vakante Lehrstelle bereits ab dem neuen Schuljahr am 01.10.1895, während der Hesperinger Gemeinderat bis zum bestandenen Examen abwartete, ehe er offiziell am 28.11.1895 zum Lehrer in Fentingen ernannt wurde. Die gemischte Schule in Fentingen bestand damals aus rund 30 Schülern, die allesamt von einem Lehrer unterrichtet wurden. 1907 beteiligte sich Anen an der Veröffentlichung eines „Rechenbuchs für die luxemburger Fortbildungsschule“. Während dieser Zeit wohnte er in der Fentinger Gaststätte (heute King’s Pub) der Witwe Kleyer (Lucia Kleyer-Schneider) zur Pension, wo er dann auch deren Tochter Robertine Kleyer kennenlernte, die er am 27.08.1902 in Hesperingen heiratete. In Fentingen half er 1910 bei der Gründung eines neuen Gesangvereins, dem er auch als Vorstandsmitglied angehörte. Das Ehepaar bewohnte weiterhin das Haus der Brautmutter, blieb selbst aber lange kinderlos. Eine im Jahre 1921 geborene Tochter namens Lucia Clara Robertine sollte nur wenige Tage alt werden. Sie nahmen schließlich den 1894 in Itzig geborenen Joseph Grosber, den Cousin von Robertine Kleyer, zu sich („Bäisaz“). Dieser war das 14. Kind (!) der Familie Nicolas Grosber (Wirt) und Marianne Kleyer aus Itzig und lebte bereits seit etwa 1895 in dem Haushalt der Witwe Kleyer in Fentingen. Wegen eines auftretenden Gehörleidens sah sich Pierre Anen schließlich nach zwanzig Jahren Lehrtätigkeit in Fentingen gezwungen, den Beruf aufzugeben und er übernahm ab dem 24.11.1914 den Posten des Gemeindeeinnehmers in Hesperingen. Nachdem er sein Haus „am Fentengerbierg“ (20, rue de Bettembourg) im Jahre 1923 errichtet hatte und dort eingezogen war, half er vielen anderen Hesperingern durch unentgeltliche Beratung bei der Beschaffung von Krediten und dem Zeichnen von Plänen zum Bau eines Eigenheims und so werden die Reihenhäuser anfangs der „Rue de Gasperich“ auch heute noch gelegentlich als „Cité Pierre Anen“ bezeichnet. 1931 prozessierte er erfolgreich gegen die Gemeindeverwaltung wegen einer Reduktion seiner Besoldung, hinterlegte aber gleichzeitig die Summe von 5.000 Franken in eine Stiftung für bedürftige Schulkinder. In der Gemeinderatssitzung vom 05.09.1936 wurde Pierre Anen auf sein Gesuch hin ehrenvolle Entlassung als Gemeindeeinnehmer gewährt. Er verstarb am 07.03.1955 in Hesperingen an den Folgen eines Schlaganfalls, seine Ehefrau folgte ihm sieben Jahre später. Bekannt wurde Pierre Anen durch eine Reihe von historischen Arbeiten, die in Hesperingen 1934/35 zur Herausgabe zweier Broschüren führten, die auch heute noch als Standardwerk der Lokalgeschichte gelten dürften und 1975 gar neu aufgelegt wurden. Darüber hinaus hatte er in vielen Broschüren (der Gemeinden Hesperingen und Steinsel) lokale und regionale Gegebenheiten in akribischer Fleißarbeit aufgearbeitet und veröffentlicht (vieles in „Heimat und Mission“ und dem „Luxemburger Herz Jesu-Kalender“). Diese wertvollen historischen Aufsätze und ein Werk mit dem Titel „Luxemburgs Flurnamen und Flurgeschichte“ (1945) trugen dazu bei, dass er als Mitglied der „Sprachwissenschaftlichen und Volkskundlichen Abteilung im Großherzoglichen Institut“ aufgenommen wurde. Die Gemeinde widmete dem anerkannten Lokalhistoriker eine Straße.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 12 / 2014 / N°20)
… dass die Gemeinde Hesperingen und die Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper ein neues Buch herausbringen?
Die stete Nachfrage nach Auskünften zu den historischen Ereignissen und Bauwerken innerhalb der Gemeinde hat ergeben, dass gerade auch bei den jüngeren und auch den neuen Einwohnern ein großes Interesse an Informationen zu der lokalen Geschichte besteht. Vereine wie Privatpersonen bitten immer wieder um Hilfe bei ihren Arbeiten, Veröffentlichungen und Ausstellungen und dieser Bitte kommen die Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper gerne nach, denn sie erachten es als ihre Aufgabe, die kulturhistorische „mémoire collective“ zu konservieren, niederzuschreiben und an die nächsten Generationen weiterzugeben. Es muss nun aber nicht so sein, dass nur die vergangenen Jahrhunderte ihre Darstellung finden dürfen, denn die Gegenwart von heute ist, wie öfters betont wird, die Vergangenheit von morgen. Die Geschichte einer großen Gemeinde vollzieht sich tatsächlich auch in der Gegenwart. Die Gemeinde Hesperingen hat sich gerade in den letzten Jahrhunderten von einer Burgfeste zu einer der größten und dynamischsten Agglomerationen des Landes mit heute mehr als 14.500 Einwohnern gewandelt. Neben der Burg Hesperingen als historischem Denkmal sind in der jüngsten Zeit zwei weitere monumentale Dominanten baulicher Gestaltungskunst in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Gemeint sind vor allem das beeindruckende heutige Rathaus „Urbéngsschlass“ und die anspruchsvolle Neugestaltung des Zentrums in Hesperingen mitsamt der Alzette-Brücke. Gerade auf diesen beiden Säulen des florierenden sozialen Lebens in der Gemeinde liegt das Hauptaugenmerk in dem demnächst vorliegenden Werk. Der Weg ihrer Vorgänger in früheren Zeiten bis zu den heutigen Prachtbauten wird dabei minutiös nachgezeichnet und ausführlich dargestellt. Diese eindrucksvollen Zeugnisse sind heute Sinnbild für Innovation und Wachstum auf dem Gebiet einer modernen, dynamischen Gemeinde nahe der Hauptstadt. Auch der demografischen Entwicklung innerhalb der Gemeinde wird Genüge getan, indem das beeindruckende Nationalitätengefüge und die neuesten Bevölkerungsverhältnisse ausführlich analysiert werden. Ihre Erkenntnisse belegen nicht nur die quantitative Entwicklung innerhalb der Gemeinde, sondern auch die Dichte der qualitativen Expansion innerhalb der kommunalen Grenzen. Auf den mehr als 250 reich bebilderten Seiten finden sich zudem einzigartige fotografische Ansichten der fünf verschiedenen Ortschaften aus der Vogelperspektive. Die hochwertigen Siegerfotos eines fotografischen Wettbewerbs zu den Themen Architektur, Natur und Kunst runden in einer malerischen Abfolge von einmalig schönen Seiten der Gemeinde Hesperingen das beeindruckende Werk ab.
Roland Schumacher |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 09 / 2014 / N°19)
… dass es früher in Hesperingen mehrere Kirmesfeiern gegeben hat?
Das Kirchweihfest (Kirmes) in Hesperingen wird seit der Konsekration der Kirche (26.06.1871) am Sonntag nach St. Lukas gefeiert, respektive an diesem Tag selbst, wenn er auf einen Sonntag fallen sollte. Es handelt sich dabei um die zweite Hälfte des Monats Oktober und dieses Jahr findet die Kirmesfeier am 19. Oktober statt (der Namenstag des St. Lukas ist einen Tag zuvor). Dass Hesperingen und Fentingen am selben Tag Kirmes feiern, hat einen speziellen Grund. Die Pfarrei Hesperingen wurde erst 1849 errichtet und davor gehörte die Ortschaft zur Pfarrei Itzig und in Teilen auch zur Pfarrei Fentingen. In dem Zeitraum 1570-1616 wurde der frühere Schutzpatron der Fentinger Pfarrkirche, die Jungfrau Maria, durch den hl. Lukas (Nebenpatron ist der hl. Sebastianus) ersetzt. Der Tag der Kirmes wurde dann nicht mehr als Kirchweihfest begangen, sondern am Tag des Kirchenpatrons gefeiert. Hesperingen schloss sich diesem Tag an, zumal es weder eine Pfarrkirche (lediglich eine kleine Nikolaus-Kapelle) noch eine eigentliche Pfarrei Hesperingen (bis 1849) gab. Daneben existierte in Hesperingen noch eine weitere „Kirmes“, nämlich die der Näherinnen und Modistinnen, die an jenem Tag frei hatten und aus der ganzen Umgebung und der Hauptstadt nach Hesperingen kamen, um dort ihren freien Tag zu feiern. Bei dieser Gelegenheit gab es Tanzmusik im „Café Weiwers“ (heute „Café bei der Uelzecht“) und auch zwei, drei Tische mit Verkaufsgegenständen wurden vor der Tür der Gaststätte errichtet. Das war am 26. Juli, dem Namenstag der hl. Anna (Schutzpatronin der Näherinnen und Modistinnen), und diese Feier wurde jeweils an dem Wochentag begangen, auf den sie gerade fiel. Nach dem Krieg geriet sie in Vergessenheit. Bleibt noch die sogenannte „kleine Kirmes“ mit der Prozession, die dann aufgrund des dichten Verkehrs in den Hesperinger Straßen nicht mehr durchgeführt werden konnte und nach Pfarrer Ernest Beres (Pfarrer in Hesperingen von 1916-1956) nicht mehr gefeiert wurde. Sie wurde im Erntemonat August („Karschnatz“) abgehalten und zwar am 15. August (Mariä Himmelfahrt), „Léiffrawëschdag“. In einer alten Wochenzeitung findet sich die sogenannte „kleine Kirmes“ unter dem Namen „Bockskirmes“ wieder, die laut dem „Luxemburger Wochenblatt“ jeweils am Sonntag nach Maria Himmelfahrt gefeiert worden ist. Die Andeutungen und zwei relativ große Berichte in diesem Wochenjournal, das lediglich von 1821 bis 1826 erschienen ist, lassen darauf schließen, dass diese Kirmesfeier in der ganzen Umgebung bekannt gewesen ist und auch eine ganze Reihe von Gästen angezogen hat. Der Ursprung des Namens ist unbekannt und könnte mit dem „Karbock“, d. h. zwei, drei Garben, die zusammengebunden werden und an denen die anderen aufgeschichtet werden, zusammenhängen. Die Vermutung Pierre Anens, der Name könnte von den Keilereien („boxen“) bei den Kirmessen herstammen oder gar mit dem starken Bier zusammenhängen, so dass die Kirmesbesucher „der Bock stieß“, erscheint eher volksetymologisch. Auch eine Verbindung zu den Besuchern vom „Bock“, d. h. den Soldaten der Festung, ist denkbar, aber vielleicht steht die Jagd auf den Bock, die in einem der Artikel erwähnt wird, noch eher in Zusammenhang mit dem Ursprung des Begriffs. Im Gemeindearchiv Hesperingen finden sich tatsächlich ältere Urkunden aus dieser Zeit (z. B. 1826), die besagen, dass die Verpachtung der Jagd effektiv in dieser Zeit (nach Maria Himmelfahrt) stattgefunden hat. Dennoch lässt sich auch heute der Ursprung des Wortes „Bockskirmes“ noch nicht zweifelsfrei belegen.
Roland Schumacher |