Wussten Sie schon,... (aus: Buet 09 / 2019 / N°39)
… dass der erste Kulturpreisträger der Gemeinde Hesperingen Jean-Pierre Kemmer hieß?
Tatsächlich hatten die Verantwortlichen der Gemeinde Hesperingen im Jahre 1991 den ersten Kulturpreis an den begnadeten Musiker, Komponisten und Dirigenten Jean-Pierre dit „Jempi“ Kemmer verliehen. Mit dem „Allround-Musiker“, dessen Schaffen Lieder, symphonische Kompositionen wie auch Theater-, Film- und Kirchenmusik beinhaltete, beherbergte die Gemeinde Hesperingen lange Jahre eine nationale musikalische Größe in ihren Diensten. Geboren wurde Jean-Pierre Kemmer am 08.12.1923 in der Hauptstadt als Sohn des gelernten Korbflechters und Geschäftsmannes Michel Kemmer und seiner Ehefrau Claire Steinborn. Der Vater hatte selbst Piano und Orgel gelernt und spielte nebenher populäre Tanzmusik. Von den Söhnen hatte vor allem Jempi sein Talent geerbt und lernte auch ab 7 Jahren schon Piano und Orgel spielen. Bereits mit 13 Jahren durfte er auf Wunsch von Léon Moulin im Radio als Begleitung aushelfen. Nach dem Studium am Athénée de Luxembourg begann er zu komponieren und konnte noch während der Okkupationszeit einige erste Preise absolvieren, ehe er dann im August 1943 von den deutschen Besatzern zwangsrekrutiert wurde. Nach seiner Rückkehr musste er am 12.07.1945 seinen während der Besatzungszeit erhaltenen Virtuosenpreis wiederholen und auf dem Diplom stand: „grande distinction et félicitation du jury (60 points)“. Radio Luxemburg, das ihn am 11.11.1945 fest einstellte, blieb er mehr als 20 Jahre treu. Als Komponist hat sich Jean-Pierre Kemmer durch fünf große Opern, eine Vielzahl von Operetten, symphonische Werke und mehrere Messen hervorgetan. Besonders die „Johannes-Passion“ wurde später auf den renommiertesten Bühnen gespielt. Das Oratorium „Le Chant des Saisons“ dirigierte der vielseitige Musiker am 19.11.1966 in Lüttich in Präsenz des Prinzenpaares Albert und Paola und er erhielt höchstes Lob in der belgischen Presse. Die Chorale mixte des Luxemburger Konservatoriums dirigierte Kemmer von 1961 bis 1968, ehe er im darauffolgenden Jahr seinen eigenen Chor gründete. Über 600 Auftritte hatte der „Jempi-Kemmer-Kouer“ nach mehr als 21 Jahren Aktivität zu verzeichnen, Aufnahmen und Fernsehaufzeichnungen sowie viele Auftritte im In- und Ausland. Daneben stand Jempi Kemmer von 1970 bis zu seinem Tode der „Chorale Municipale Ons Hemecht“ aus Petingen vor und schrieb eine Kindermesse und zahlreiche Kompositionen und Arrangements für die alljährliche „Revue“ im Neuen Theater. Während 30 Jahren sorgte er für die musikalische Begleitung von Pir Kremers Karnevals- und Silvestersendungen und schrieb manche Filmmusik. Am 16.03.1991 wurde Jean-Pierre Kemmer im Centre Civique in Hesperingen der erste Kulturpreis der Gemeinde Hesperingen für seine einzigartigen Verdienste auf dem Gebiet der Musik überreicht. Seit 1969 war er nämlich in Fentingen ansässig und hatte bereits 1959 die Leitung des Hesperinger Männerchors „Eintracht im Thale“ übernommen, den er bis 1972 dirigierte. In Fentingen trat er 1985 als Dirigent in die Dienste des Gesangvereins, den er bis April 1991 auch auf dem Piano begleitete. Für den Fentinger Kinderchor „Les Alouettes“ schrieb er neben seiner Tätigkeit als Pianist ab Mitte der 1980er Jahre ebenfalls eine Reihe von Liedern und Arrangements und für die Arbeit mit seinem eigenen Chor hatte Jempi Kemmer sich eigens in seinem neu errichteten Haus in der „rue de Kockelscheuer“ in Fentingen ein Tonstudio eingerichtet. Am 21.12.1991 verschied Jempi Kemmer nach langer Krankheit im Alter von nur 68 Jahren in der hauptstädtischen Zitha-Klinik. Dass der einzigartige Virtuose nicht aus dem Gedächtnis der Musikliebhaber in der Gemeinde und darüber hinaus vergessen ist, belegen eine Reihe von Gedächtniskonzerten der Fentinger Chorale, der UGDA wie auch der Gemeinde Hesperingen zu seinem 10. Todestag. Roland Schumacher |
Von Hasmaringa bis Hesperingen
Aus dem Wort vom 6. Juli 2019
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Wussten Sie schon,... (aus: Buet 06 / 2019 / N°38)
… dass Grand-Duc Jean mehrmals in der Gemeinde Hesperingen zu Besuch gewesen ist?
Am 23.04.2019 verstarb Jean von Nassau, der am 05.01.1921 auf Schloss Berg in Colmar-Berg geboren worden war. Prinz Jean war der älteste Sohn der Großherzogin Charlotte von Luxemburg und des Prinzen Felix von Bourbon-Parma. Der Erbgroßherzog heiratete am 09.04.1953 in der Kathedrale von Luxemburg Joséphine Charlotte, die mehr als 6 Jahre jüngere Tochter des belgischen Königs Leopold III. und seiner ersten Gattin Astrid von Schweden. Mit ihr hatte Erbgroßherzog Jean 5 Kinder, unter anderem den jetzigen Großherzog Henri. Von 1964 bis 2000 stand Jean von Nassau dem Land als Großherzog vor und übte sein Amt mit Würde und äußerster Diskretion aus und wusste so die Sympathie der Bevölkerung des Luxemburger Landes als überparteiliche Symbolfigur der Einheit und Unabhängigkeit des Staates für sich zu gewinnen. Die Gemeinde Hesperingen hatte mehrmals die Ehre, Großherzog Jean bei sich zu empfangen, immer auch in Begleitung von Familienmitgliedern. Noch heute kann die Bevölkerung in liebevoller Erinnerung, aber auch mit Wehmut auf diese Momente zurückblicken. Am Morgen des 10.09.1944, dem Tag der Befreiung der Stadt Luxemburg von der Nazi-Herrschaft, kam Prinz Felix mit den Amerikanern an und am Nachmittag wurde auch Erbgroßherzog Jean in der Hauptstadt von der begeisterten Luxemburger Bevölkerung empfangen und gefeiert. Zwei Tage später (es gibt widersprüchliche Angaben) fuhren Prinz Felix und Prinz Jean nach Esch/Alzette und Düdelingen und besuchten an dem Tag auch die Ortschaft Hesperingen, bevor sie in südlicher Richtung weiterfuhren. In der Nacht vom 9. auf den 10. September hatten die flüchtenden deutschen Truppen in Hesperingen die Alzette-Brücke gesprengt (um Mitternacht und um 2 Uhr nachts waren die beiden Sprengsätze detoniert) und Erbgroßherzog Jean besah sich mit seinem Vater Prinz Felix die Ausmaße der Schäden. Während der Besatzung durch die deutsche Wehrmacht waren der Bahnhof Luxemburg und die umliegenden Stadtteile im Mai und August 1944 Fliegerangriffen ausgesetzt gewesen. Die Alliierten verursachten bei insgesamt 3 Fliegerangriffen ausgedehnte Zerstörungen an den Bahnhofsanlagen und beschädigten 143 Häuser mehr oder weniger schwer. Der Howald (mitsamt dem angrenzenden Güter- und Rangierbahnhof „Zwickau“) wurde vor allem durch den ersten Angriff am 09.05.1944 arg in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt 14 Einwohner aus Howald kamen dabei ums Leben. Am 03.06.1945 fand um 9:30 Uhr dann in Howald eine große Gedenkfeier für die Bombenopfer statt. Dabei war neben mehreren Ministern, einer Ehrenkompanie der Armee, einer Abteilung von „Ons Jongen“ und Vertretern belgischer Resistenzbewegungen auch die großherzogliche Familie präsent. Großherzogin Charlotte, ihr Ehemann Prinz Felix und Erbgroßherzog Prinz Jean saßen bei der Gedenkfeier in der fürstlich geschmückten Avenue Berchem in der ersten Reihe. Pfarrer Ernest Beres aus Hesperingen hielt unter den erbaulichen Klängen des 1939 gegründeten Gesangvereins „Ro’de Le’w“ ein feierliches Hochamt ab. Eingeweiht wurde dabei eine steinerne Gedenktafel mit den Namen der Toten sowie eine Bildtafel mit deren Fotos. Beide hängen heute in der Kirche Howald. Am 22.06.1992 (am Vorabend zu Nationalfeiertag) stattete das großherzogliche Paar Jean und Joséphine-Charlotte der Gemeinde Hesperingen und dem „Urbéngsschlass“ einen feierlichen Besuch ab. Dabei erhielt Großherzog Jean eine wertvolle Skulptur (Ritter zu Pferd) als Geschenk und trug sich mit seiner Frau ins Goldene Buch ein. Dem Fürstenpaar wurde anschließend vor dem Hintergrund des neuen Parks ein musikalisches Rahmenprogramm dargeboten. Das neue Rathaus der Gemeinde wurde dann am 19.09.1992 eingeweiht. Dem verstorbenen Großherzog Jean entbieten alle Einwohner der Gemeinde Hesperingen ihren Respekt. Gerade nach den Wirren des letzten Krieges hatte das Luxemburger Land dem jungen Prinzen als Leitfigur einer besseren Zukunft all ihre Sympathie entgegengebracht und wurde nicht enttäuscht. Großherzog Jean war für alle ein integrer Mensch, ein liebevolles Familienoberhaupt und ein fürsorglicher Landesvater, eine „Visitenkarte“ des Luxemburger Landes. Roland Schumacher |
Lokalgeschichte wieder zum Leben erwecken
Aus dem Wort vom 3. Mai 2019 |
Wussten Sie schon,... (aus: Buet 03 / 2019 / N°37)
… dass der bekannte französische Schriftsteller Victor Hugo (1802-1885) auch in Hesperingen gewesen ist?
Am 26. Februar 1802 in Besançon geboren wandte er sich bereits in seiner Jugend dem Schreiben zu. In rascher Folge erschienen verschiedene Romane und Gedichtbände. Die Veröffentlichung von Werken wie Notre-Dame de Paris oder Les misérables begründeten Hugos Weltruhm als Romancier. In der zweiten Lebenshälfte wandte sich Hugo von der Dichtung ab und nahm aktiv am politischen Leben teil. Als er sich gegen Bonaparte auflehnte, wurde er kurz inhaftiert und anschließend aus Frankreich verbannt. Nach dem Sturz von Kaiser Napoléon III. kehrte Hugo 1870/71 nach Frankreich zurück und hatte einige bedeutungslose Staatsämter inne. Von einem Schlaganfall erholte er sich nicht mehr richtig und er verstarb am 22. Mai 1885 in Paris. Bekannt geworden ist der Schriftsteller aber auch durch seine Zeichnungen. Auch von Luxemburg existieren mehrere Arbeiten von ihm, die durch mehrmalige Aufenthalte (hauptsächlich Vianden) im Lande zustande kamen. Entscheidend für zwei Zeichnungen von Hesperingen war das Jahr 1871. Nach seiner Rückkehr nach Paris wurde er dort begeistert empfangen und zum Abgeordneten gewählt. Am 13.03.1871 verstarb sein Sohn Charles Hugo unerwartet und der Schriftsteller fuhr mit seiner Familie nach Brüssel, um dort den Nachlass seines Sohnes und dessen hohe Spielschulden zu regeln. Ende Mai 1871 wurde der Aufstand der revolutionären Linken in Frankreich brutal niedergeschlagen und die Anhänger der Kommune versuchten das Land zu verlassen. Von Brüssel aus bot Hugo ihnen in einem öffentlichen Brief in der Zeitung “L’Indépendance Belge“ seine Gastfreundschaft an, weswegen ihn die die belgische Regierung des Landes verwies. So beschloss Victor Hugo am 01.06.1871 mit seiner Familie nach Luxemburg zu kommen, das er als Refugium auserkoren hatte. Er ließ sich im „Hôtel de l’Europe“ nieder, wo er auf die Erlaubnis zum dauerhaften Aufenthalt wartete. Während dieser Zeit kam Victor Hugo am 04.06.1871 auch nach Hesperingen. Nach dem Mittagessen in der Hauptstadt hatte sich die kleine Gesellschaft (Victor Hugo selbst, sein Sohn Victor, seine Schwiegertochter Alice, die Witwe von Charles Hugo und sein Enkelkind Georges. Auch die Bedienstete Louise war dabei.) nach Hesperingen begeben, wo Victor Hugo zwei Skizzen der Burg anfertigte. Außerdem kehrte er mit den anderen in einer kleinen Gaststätte ein: Nous sommes allés tous les quatre, après déjeuner, voir l’Hesperange, village dans la vallée de l’Alzette, à une lieue et demie de Luxembourg. Le lieu est charmant. Au - dessus du village sur la colline il y a une ruine très belle d’un château du onzième siècle. Je l’ai dessiné. Alice et Victor ont bu du lait. Pluie au retour. Nous avions emmené Georges, mais en route nous l'avons renvoyé dans les bras de Louise à la ville. Nous avons un peu séjourné dans une petite auberge du village où l’on a soigné des blessés français. Nous sommes revenus à pied. Ces dames ont bravement fait leurs trois lieues. Nous étions à l’Hôtel à 7 h. Von lokalhistorischem Interesse sind neben den beiden Zeichnungen natürlich auch die Andeutungen zu der Gaststätte, in der Victor Hugo und seine Begleiter Rast gemacht haben. Während des französisch-deutschen Krieges war Luxemburg von dem Internationalen Roten Kreuz gebeten worden, den Zivilopfern wie auch den verletzten Soldaten zu helfen, und dies ungeachtet der Nationalität. Leider gibt es keine Belege über solche Tätigkeiten in der Gemeinde Hesperingen. Nur eine der acht Gaststätten lag gegenüber der Burg an der Hauptstraße und zwar diejenige des Witwers Pierre Nockels-Meyer (heute „Café de la Renaissance“), sollte er dort die Zeichnungen angefertigt haben. Das alles bleibt jedoch Spekulation. Halten wir fest, dass eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der französischen Literatur und Politik bei einem seiner Aufenthalte in Luxemburg Zeit und Muße gefunden hat, nach Hesperingen zu kommen und die ansehnliche Burgruine in zwei Zeichnungen zu verewigen, deren bleibender Erinnerungswert allen kultur- und lokalhistorisch Interessierten bewusst sein muss. Roland Schumacher |