… dass es in Howald früher eine Einsiedelei mitsamt einer Kapelle gegeben hat?

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 1

    Neben der Einsiedelei (ganz rechts) an dem alten Waldweg oberhalb der „Route de Thionville“ sind hier die alte und die neue Alzettebrücke in Hesperingen zu sehen. Carte levée prés de Luxembourg Jusqu’a Eweringen terre de France (1758).Archives générales du Royaume Bruxelles, fonds 'Cartes et plans manuscrits I n° 1279'

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 2

    Das rote Kreuz in der Rue Ernest Beres (südliche Spitze des dortigen Spielplatzes) zeigt den Standort des früheren Galgens laut den ältesten Karten (Ferraris usw.), während der blaue Kreis die Stelle zeigt, an der sich die Kapelle befunden haben soll (am Ende der heutigen „Rue de l’ermitage“). Leider wurden dort durch die Steinbrüche erhebliche Stein- und Bodenmassen abgetragen, so dass sich an der Stelle mit Sicherheit keine Spur mehr finden lässt (Foto: Archiv Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper).

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 3

    Markgraf Ludwig Georg Simpert von Baden-Baden (1702-1761), der den Abriss von Kapelle und Einsiedelei im Jahre 1759 anordnete (Privatsammlung).

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 4

    Nicolas Ungeschick (1728-1800), der damalige Pfarrer in Itzig. Bild von Ignatius Millim (Pfarrkirche Mondorf-les-Bains), freundlicherweise durch Fernand Toussaint aus Hobscheid zur Verfügung gestellt (Foto von Jochen Herling, Godbrange).

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 5

    Restaurierte Madonna aus Ton (61 cm hoch, 41 cm breit und 19 cm tief), die der Einsiedler Gabriel Cock im Jahre 1727 in der Klause auf Howald angefertigt hat und die sich seit 1979 im Besitz des Nationalmuseums für Geschichte und Kunst befindet (COX Gabriel, Vierge à l’enfant, Musée national d’Histoire et d’Art 1979-029/001 Photo Tom Lucas).

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 6

    Rücken der Madonna mit der Inschrift: „Ich bruder gabriel Wohaftig auf dem howalt hab disse figur gemacht im jar 1727 den 13 october a majorem die gloria“ (COX Gabriel, Vierge à l’enfant, Musée national d’Histoire et d’Art 1979-029/001 Photo Tom Lucas).

  • aus: Buet 06 / 2017 / N°30 / Bild 7

    Statue des Hl. Job aus der Loreto-Kapelle Howald. Sie wurde erst kurz vor dem Abriss von Kapelle und Einsiedelei im Jahre 1759 angeschafft und befindet sich heute im Pfarrarchiv Howald. Die Statue ist (ohne den 4 cm hohen nachträglich angebrachten Sockel) 76 cm hoch, 34 cm breit und 18,5 cm tief und zwei abgebrochene Finger der ausgestreckten linken Hand harren der Restaurierung (Foto von Norbert Hansen, Schoenfels).

Tatsächlich sollen sich die Einsiedelei und die Kapelle in Howald in der Nähe des Galgens (1277 zum ersten Mal schriftlich erwähnt) befunden haben, der nach dem Abgleich aller bekannten Karten dieser Zeit in etwa auf der südlichen Spitze des Spielplatzes der heutigen „Rue Ernest Beres“ gestanden haben könnte.

In der Nähe des Galgens hat sich eine Kapelle befunden, die zwischen 1629 und 1713 erbaut worden und Besitz der Badener Grafen gewesen ist, die (nach den Herren von Rodenmacher) von 1492 bis 1795 über die Herrschaft Hesperingen verfügt haben. Auch eine Einsiedlerklause (um 1701 erbaut) hat sich dort bis 1759 befunden.

Nach Funden einiger Reste einer Türschwelle und eines gepflasterten Bodens im Jahre 1865 kann man davon ausgehen, dass sich die Kapelle an dem alten Weg etwa 120 m westlich der jetzigen „Route de Thionville“, auf dem Kamm des sogenannten „Kiischtebiergs“, befunden hat. Vor dem Bau der heutigen Straße im Jahre 1760 ging ein Pfad, der bei der „Drousbëcht“ den Wald hinaufleitete und nach Luxemburg führte, dicht an dieser Kapelle, die mit einem dunklen Muttergottesbild versehen war, vorbei.Am Sonntag nach Mariä Himmelfahrt sei die Muttergottesstatue prozessionsweise von der Howalder Kapelle hinab in die Sank-Nikolaus-Kapelle nach Hesperingen getragen worden und dann nach einer feierlichen Vesper des Itziger Pfarrers (Hesperingen wurde erst 1849 eine eigene Pfarrei), wieder in Prozession zurückgebracht worden, bis sie altersbedingt im Jahre 1896 ersetzt werden musste.

Die Marienkapelle soll laut einem Bericht des Trierer Bistumsarchivs von 1713/14 schon im 17. Jahrhundert existiert haben und der Frau von Loreto geweiht gewesen sein, einem Wallfahrtsort in der italienischen Provinz Ancona. Um1701 wird auf Betreiben der Mitherrin von Esch/Sauer und Pfanderbin von Hesperingen, Mme de Stassin, ein Einsiedler zur Betreuung des Oratoriums berufen und er darf die Klause als Wohnung an die Kapelle anbauen. Später kam ein kleiner Garten hinzu. Dies wäre zur Amtszeit des Itziger Pfarrers Johannes Cappes (Cappesius) gewesen (1679-1720/21). Leider sind weder für die Errichtung der Kapelle noch der Einsiedelei verlässliche Dokumente als Quelle nachweisbar. Da Hesperingen damals zum größten Teil zur Pfarrei Itzig gehörte (11 Häuser unterstanden der Pfarrei Fentingen), wird die Kapelle manchmal auch als Kapelle von Itzig bezeichnet, aber mit dem Zusatz „Loreto“ und „Howald.“

Gut ein halbes Dutzend Einsiedler und Gebetsbrüder sind heute namentlich bekannt, deren religiöses Eremitendasein öfter auch mit einem rebellischen, streitbaren Geist insbesondere gegenüber Vorgesetzten einherging. Der letzte Einsiedler mit Namen Wendelin Traud wurde gar einer Brandstiftung in Hamm beschuldigt und wäre fast hingerichtet worden, wenn sich der wahre Täter nicht vorher gefunden hätte. Dennoch hatte der Markgraf von Baden als Besitzer der Herrschaft Hesperingen in der Zwischenzeit seinen Ärger kundgetan und die Einsiedelei am 02.05.1759 und am 12.07.1759 auch die Kapelle selbst abreißen lassen, wie auch Nicolas Ungeschick, der damalige Pfarrer in Itzig, notiert. Die Materialien wurden versteigert und die Möbel und Kleider kamen nach Hesperingen (Nikolauskapelle) und Itzig (Pfarrkirche). Der Standort von Kapelle und Einsiedelei ist durch die Steinbrüche abgetragen worden und als letzte Relikte dieser Zeit verbleiben noch eine Muttergottesfigur aus Ton und eine Statue des Hl. Job.

Den vollständigen Artikel des Autors kann man nachlesen in: nos cahiers, Lëtzebuerger Zäitschrëft fir Kultur, Nr. 3/4 (2015)

 

Roland Schumacher
Geschichtsfrënn vun der Gemeng Hesper